Photocredit: Sandra DB

Gastbeitrag von Tom Richter
Tom ist begeisterter Ashtanga Yogi, Yogalehrer und Yogalehrer-Coach und leitet auch 2016 das Ashtanga Yoga Modultraining bei uns
www.startteachingyoga.com

 

Yoga wirkt! Und zwar extrem positiv – oder?

Die tägliche Yogapraxis bringt natürlich sehr viele positive Effekte. Dazu gehören z.B. erhöhte Kraft und Ausdauer, Flexibilität, Disziplin, innere Konzentration, Entspannung, das Gefühl voller Energie zu sein und dem Körper sowie der Seele etwas Gutes getan zu haben.

Eine der bekanntesten und sehr oft zitierten Aussagen von Pattabhi Jois (1915-2009), dem Gründer des Ashtanga Yoga Research Institute in Mysore/Indien, ist denn auch:

“Do your practice and ALL is coming!“
(Praktiziere einfach, und alles wird kommen)
– Sri K. Pattabhi Jois

Das liest sich dann oft als „bleib dabei und alles wird schon gut“. Der direkte Weg zur Lösung aller Probleme.

Allerdings ist das mit dem direkten Weg zum Guten nicht so einfach. Wir konzentrieren uns vollkommen auf die tollen Dinge, die wir durch eine regelmäßige Yogapraxis erhalten und sind dann enttäuscht, wenn es nicht so schnell geht oder wir sogar an einer Herausforderung verzweifeln und einfach nicht weiter kommen.
Es heißt jedoch nicht: alles Gute wird kommen, sondern alles wird kommen
Alles, was wir sind, alles was uns ausmacht, kommt ans Licht, wenn wir durch Atmung, Konzentration und Körperarbeit unsere Bewusstheit erhöhen, unsere körperlichen und geistigen Grenzen verrücken und unser Potential auf der Yogamatte beginnen zu erkunden.

Dazu gehören selbstverständlich unsere Stärken wie z.B. Kraft, Flexibilität, aber auch Mut, Ausdauer oder Geduld.

Auf der anderen Seite gehören zum Ganzen aber auch unsere unterdrückten Gefühle, unsere Sturheit, unsere unbewusst gesetzten Blockaden, unser Gefühl des Nicht-genug-seins, unsere Ungeduld und Zielfixierung, unsere Selbst- und Fremdurteile, unsere Faulheit oder übergroße Genügsamkeit, und ganz oft auch das fehlendes Vertrauen in uns selbst und unsere Fähigkeiten bzw. der fehlende Mut, diese Fähigkeiten auszubauen und zu entwickeln.

Alles was wir mit uns umhertragen kommt hervor, wenn wir uns beim Yoga bewusst mit uns selbst beschäftigen. Und zu allem was hervor kommt, können wir lernen ja zu sagen. Wir können vertrauensvoll weiter atmen und auch die nicht so schönen Seiten, die Teil von uns sind, integrieren.

Dort – und erst dort – liegt das Potential für Transformation.

“Ohne Zweifel stellt sich Erfolg ein, wenn eine gut fundierte Praxis über lange Zeit, ohne Unterbrechung, mit Ernsthaftigkeit und Bedacht geübt wird.“
– Yoga Sutras von Patanjali, I:14

Wenn man den Prinzipien des Yoga folgt und mit Einsatz und Bedacht regelmäßig und ohne Unterbrechung übt, lernt man sich ganz und vollkommen kennen.

Mal fühlt man sich leicht und schwebt förmlich über seine Yogamatte, mal ist es wie Schwerstarbeit.

Wenn wir bewusst nichts allzu ernst nehmen, aber gleichzeitig alles anerkennen was da ist und einfach bei unserer Atmung bleiben, können wir zum Beobachter werden, der trotzdem mitten drin ist.

Ich wünsche Dir heute eine tiefe und aufschlussreiche Praxis!