„Fast einhundert Menschen im Trancetanz Presenter Training sitzen erwartungsvoll aufgeregt auf dem Boden. Wir haben schon zwei Tage getanzt. Musik, Atmen, Bewegen, wobei die äußere Form bedeutungslos ist. Es geht um innere Erfahrungen, und in diesem speziellen Trance Tanz um Festhalten und Loslassen. Mein Thema.

Ich lege meine Augenbinde an und lausche dem tiefen Klang des OM, der aus den riesigen Boxen kommt. In meinem Bauch vibriert es. Ich spüre meinen Herzschlag. Der Trancetanz Leiter lädt uns ein tief zu atmen und uns im Sitzen selbst festzuhalten.“ 

Das schrieb Dirk 2015 in unserem Blog zu seinem ersten Trance Tanz Presenter Training.

Inzwischen hat Dirk eine Vielzahl weiterer Trancetänze absolviert und dabei schon zu vielen Themen getanzt, beispielsweise zum eigenen Krafttier oder zu den männlichen und weiblichen Kräften,  Animus und Anima.

Tatsächlich ist jeder Trancetanz wieder neu – man könnte sogar wiederholt zum selben Thema tanzen. Es kämen dann bisher ungesehene, zusätzliche Aspekte zum Vorschein oder vormals unentdeckte Tiefenschichten.

Atem und Bewegung wirken in der Trancetanz-Kombination psychoaktiv, das heißt sie können Veränderungen von Psyche und Bewusstsein auslösen und das Wahrnehmen, Denken, Fühlen und sogar Handeln einer Person beeinflussen – genauso wie die psychoaktive Substanz Kaffee auch.

Der „Trance“-Anteil im Trancetanz bedeutet nicht, dass wir den Kontakt mit dem Tagesbewusstsein verlieren. Es verändert sich nur das Konzert der Gehirnströme so, dass eine Erweiterung der Wahrnehmung resultiert. Dies kann sich ganz einfach darin abbilden, dass der eigene Körper neu, anders, intensiver, auf ungewohnte Weise wahrgenommen wird.

Du bist auch im Trancetanz jederzeit Herr(in) deiner Handlungen – es ist ein interessanter Zwischenzustand, so ähnlich wie kurz vor dem Einschlafen oder kurz nach dem Aufwachen. In diesem Zwischenzustand werden verschiedene Bewusstseinsanteile überbrückt und Erkenntnisse können aus tieferen Schichten aufsteigen oder es resultieren Aha-Momente, wenn sich im Bewusstsein vormals getrennte Informationsschnipsel sinnvoll zusammen fügen.

Trance – allgemein

Der Begriff bezieht sich – vom lateinischen „transire = hinübergehen, überschreiten“ abgeleitet – auf erweiterte Bewusstseinszustände. Und zwar erweitert in Bezug auf unser normales Tagesbewusstsein.

Man kann jedoch auch den entgegengesetzten Standpunkt einnahmen – die transpersonale Psychologie tut das auch – und unser normales Wachbewusstsein als Alltagstrance bezeichnen. Wachheit gewinnen wir demnach dann, wenn wir aus der gesellschaftlichen Konsensustrance heraustreten und beispielsweise im Trancetanz wacher werden für die „echte“ innere Realität.

Tatsächlich ist das bewusste Hin-und-her-gehen zwischen unterschiedlichen Bewusstseinszuständen respektive Realitäten der „Job“ der Schamanen aller Zeiten und Orte. Dabei wird übereinstimmend die äußere Welt als die „Scheinwelt“ angesehen. Diesen Blickwinkel teilt ebenfalls die alte indische Yoga-Philosophie, die unsere äußere Welt als „Maya“ (Illusion, Schein, Trug) bezeichnet.

Welche Welt man auch immer als die „Trancewelt“ bezeichnen möchte, jedenfalls finden sich übliche Trancemerkmale durchaus auch beim Trancetanz, so wie wir ihn praktizieren: beispielsweise Veränderungen des Erinnerungsvermögens und Zeitempfindens, das Aufwallen ungewohnter Emotionen, das Auftreten eines unüblichen Muskeltonus‘ (in Richtung erstarrend oder hyperaktiv) und unwillkürliche Bewegungen.

Höchst interessant sind in diesem Zusammenhang die Forschungen von Anna Wise, deren Standardwerk seit 2017 in deutscher Übersetzung vorliegt: Awakened Mind Training – Ein Hirnwellen-Trainingsprogramm: Ein Praxisbuch für Kreativität, Gesundheit und Erfolg. Messbare Gehirnwellenmuster entsprechen unterscheid- und erfahrbaren Bewusstseinszuständen … und man kann lernen, in diese gezielt einzutreten.

Trance – im Trancetanz

Tatsächlich geht es auch hier, in unserem Trancetanz darum, mit einem Zwischenzustand des Bewusstseins zu experimentieren, der über das meist denklastige Tagesbewusstseins hinausgeht. Wird „tanzend“ der übliche Abstand zu anderen Bewusstseinsbereichen überbrückt, können in der Verbindung zu sonst unterbewussten – also nicht bewusst zugänglichen – Inhalten kreative Lösungen entstehen und überraschende Blickwinkel sich offenbaren. Und es könnte passieren, dass der im Alltag gestresste Mensch unversehens zeitweilig der Begrenzung seiner „Denk-Mütze“ verlustig geht. 

Eigentlich sind erweiterte Bewusstseinszustände total normal. Die häufig bei Kindern zu beobachtende konzentrierte Versenkung in eine Tätigkeit kann man schon als leichte Trance bezeichnen. Auch bei Aktivitäten wie Sport, Sex, hingebungsvollem Gärtnern, Malen oder anderen Lieblingsbeschäftigungen in die man selbstvergessen eintaucht, können ganz natürlich erweiterte Bewusstseinszustände auftreten. Zu den traditionellen Wegen in die Trance gehören übrigens bestimmte rituelle Körperhaltungen und rhythmische Klänge. Ganz allgemein gesagt besitzen repetitive sprachliche und rhythmische Sinnesreize und Bewegungen – wie Trommelmusik, Tanzen und Gesänge – tranceinduzierende Wirkung. Auch rhythmische Trancemusik – wie wir sie bei unserem Trance Tanz Ritual teilweise einsetzen – fällt in diese Kategorie.

Die Übergänge vom normalen Wachzustand in die einzelnen Trancestufen sind fließend. Schon Tagträume, Phantasiereisen oder der kreative Flow sind zumindest Vorstufen, wenn nicht schon leichte Formen, der Trance. 

Exkurs: Gehirnwellen (für Interessierte)

Auf die Gehirnwellen bezogen würde man ein Muster wünschen, das neben Beta-Wellen auch entsprechend Alpha-, Theta- und Delta-Wellen enthielte, so dass Informationen oder Inhalte aus dem Unterbewusstsein oder sogar dem tiefen Unbewussten bis ins Tagesbewusstsein aufsteigen könnten.

  • Der Beta-Wellenbereich (38-14 Hz) steht dabei für das uns vertraute Wachbewusstsein mit bewusster gedanklicher Aktivität,
  • der Alpha-Bereich (14-8 Hz) für entspanntes Tagträumen, das eine Brücke zwischen Wach- und Unterbewusstsein darstellt und
  • Theta (8-4 Hz) markiert Prozesse des Unterbewusstseins wie sie beispielsweise im Traum- und REM-Schlaf stattfinden.
  • Die noch tiefere und langsamere Frequenz von Delta (4-0,5 Hz) –  die sich auf das Unbewusste bezieht – tritt normalerweise im Tiefschlaf auf, wenn alle anderen Frequenzen herunterfahren. Sie signalisiert einen tiefen regenerativen Ruhezustand.

Wenn allerdings Delta auch im Wachzustand im Konzert der Gehirnwellen mitspielen darf, entsteht dabei ein Bewusstseinszustand, der von Intuition, Empathie, Kreativität und direktem inneren Wissen gekennzeichnet ist. In der richtigen Mischung von Beta, Alpha,Theta und Delta ergibt sich der angestrebte „high-performance-“ oder „awakened mind„, bei dem Inhalte aus dem Unterbewussten oder sogar Unbewussten über die Brücke des Wachtraumzustands ins Tagesbewusstsein gelangen und bewusst und mit hohem Erkenntnisgewinn verarbeitet werden können.

Bewegung im Trancetanz

Die Trance-Tanz-Bewegung ist frei. Sie darf so unwillkürlich und „geschehen lassend“ sein wie möglich. Deine Füße bleiben normalerweise weitgehend am Boden – wildes Herumspringen kommt eher nicht vor. Die aus dem Körper unwillkürlich aufsteigenden Bewegungen sind häufig erst einmal eher verhalten und langsam. Am Anfang des Trance Tanzes kommen schnelle und ausladende Bewegungen meist aus dem „Machen“ – besonders wenn es vertraute Bewegungsmuster sind, die du bei entsprechender Achtsamkeit auch als deine üblichen Tanzbewegungen erkennst. Diese lasse am besten gleich wieder los.

Allerdings kann beim Trancetanz auch wieder (fast) alles passieren. Gerade nach Ablauf der „Aufwärmphase“, wenn auch die unwillkürlichen Bewegungen oft heftiger werden, kann es beispielsweise vorkommen, dass sich jemand im Liegen durch den ganzen Raum rollt oder seine Arme wie Windmühlenflügel im vollen Radius und megaschnell im Raum kreisen lässt.

Grundsätzlich hat alles, was passiert seine Richtigkeit – auch jede Berührung mit und jedes Geräusch von einer anderen Person. Wir achten aber dennoch darauf, dass niemand jemand anderem in die Quere kommt und Knüffe kassiert.

Bei uns tanzt man mit Augenbinden und definitiv jenseits aller discomäßigen Kontaktanbahnung – auch wenn es tatsächlich vorkommt, dass sich zwei Menschen blind im freien Bewegen immer wieder finden.

Die Atmosphäre – gerade auch ZWISCHEN den Tänzern und Tänzerinnen – ist unserer Erfahrung nach durchweg kooperativ, stützend, nährend, wohlwollend und sogar teilweise auf wirklich berührende Weise liebevoll. 

Atmung im Trancetanz

Unterstützt wird die Wirkung des Tanzens durch eine spezielle – stark mit Energie anreichernde – Atmung.

Bei Frank Natale, einem der Urgesteine des Trancetanzens, heißt diese spezifische Atemform „Feueratem“

Man atmet dabei zweimal direkt hintereinander – schnell oder langsam – durch die Nase ein und danach durch den Mund aus. Diese Ausatmung darf auch mit einem hauchenden oder anderen Geräusch verbunden sein – bis hin zum lauten Tönen. Auch hier ist es entscheidend, dass dies einfach geschehen darf. Wenn von alleine Töne aufsteigen … wunderbar – wenn nicht, … genauso gut.

Das besonders tiefe Atmen – auf diese oder auch andere Weise – wirkt mit dem Tanzen zusammen und ist extrem wichtig. Allerdings vergisst man es schnell. Wir atmen manchmal extra laut mit, um dich als Tänzer(in) daran zu erinnern.

DEIN persönlicher Trancetanz  …

… wird wertvoll durch DICH! Zwar gilt Trancetanz mit seinem Alter von mindestens 35.000 Jahren als eines der ältesten Rituale der Menschheit und man kann aufgrund der tiefen Wurzeln vielleicht auch auf die grundsätzliche Bedeutsamkeit und Wirksamkeit des Verfahrens schlussfolgern.

Allerdings ist es so:  Dein Trance Tanz Ritual  wird für dich wertvoll durch DICH!

Dein Bewegen und Atmen kurbelt deine Endorphinproduktion an und verändert das Konzert deiner Gehirnwellen. Bewusstes Bewegen, spezielles Atmen und achtsames Wahrnehmen helfen dir, dein Unterbewusstsein zu erreichen und über den Zugang zu deiner inneren Weisheit erschließen sich plötzlich Einsichten und Zusammenhänge, die dir kreative Lösungen und neuartige Perspektiven eröffnen.

So mancher Tänzer, so manche Tänzerin, ging mit neuer Klarheit für den nächsten Schritt aus dem Trance Tanz nach Hause.

Und das ist letztendlich schon alles was wir brauchen. Aus diesen jeweils nächsten – kleinen und großen – Schritten entfaltet sich wie von alleine unser authentischer Weg.

Und: Es gibt auch Pausen. Es kann sein, dass du plötzlich weißt: „Es ist gut. Im Moment ist nichts zu tun. Alles ist gut, so wie es ist.

 

 

Vorankündigung: Unser nächster Trance Tanz findet am 27. Januar 2024 statt. Anmelden kannst du dich hier.